Philosophies

UNTANGLING CULTURAL KNOTS

A keynote lecture at Center of British Studies of Humboldt – University on interdiszplinary teaching

‘Yoga and Japanese Rope Bondage: Nawa Shibari ‘ is a workshop concept combining two seemingly mismatching practices. How does a purification practice fit with porn? Why doing the latter at all? And what can be extracted from those popularity gaining Asian rituals? The separation is obviously more blurry. Such questions tease my artistic research and have inspired many performances from subcultural events to choreographing in opera. During this process with my colleagues we use these practices as neutral tools, theatrical form and try to strip the techniques from there original context. We use them in an almost naive technical way, and by doing this the preconceived meaning falls away, and many parallels come to the surface. I approach ballet and other dance concepts in a similar way.

Teaching plays a crucial part in this research. A workshop situation is also a field to develop basic ideas and structures together with workshop participants. People with different backgrounds encounter, explore and discuss rope work in a group. Besides learning the rope technique or working physically with a partner, we talk about performance codes, finding an easy language for complex things, or testing power dynamics gently. Or talking more theoretical for example about identity or feminism in Shibari. The speciality is that these complicated topics can run from the head into the body and can be traced there in physical and playful ways.

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Die Kunst des Shibari

Programmheft ‘After Work’ am Schauspielhaus Bochum

Shibari, das japanische Bondage, die Kunst des Fesselns, ist eine jahrhundertealte Tradition. Das Wort Shibari kommt aus dem Japanischen und heißt binden oder knüpfen. Es handelt sich in seinen Ursprüngen um eine Samurai-Praxis, in der jeder Clan eigene Knoten, Seilstärken, Seilfarben und Techniken hatte. Die Praxis des erotischen Fesselns kommt aus der Sado-Maso-Szene bzw. aus der Porno-Industrie. Inzwischen ist das Bondage – vor allen im Westen – zu einer beliebten (Körper-)Praxis geworden, die auch Eingang in die Kunst gefunden hat.

Das Shibari hat verschiedene Schulen oder Stile, die an ihren unterschiedlichen Mustern, an den Knoten oder an den Verhältnissen von Seilmasse und Körperformen erkennbar sind. Einige Shibari-Künstler*innen arbeiten mit verdrehten, verwrungenen Körpern, andere mit Symmetrien. Shibari ist ein ästhetisches Ritual, das kompositorische Prinzipien des Faltens und Wickelns von Materialien enthält, wie auch das Origami (Papierfaltkunst) oder das Ikebana (Blumensteckkunst). Dieses Komponieren von Stoffen, Materialien und Formen ist tief in der japanischen Kultur verwurzelt.

Ich fessele seit 11 Jahren. Neue Stile oder Techniken probiere ich zunächst an meinem eigenen Körper aus, denn ich möchte das Neue erst an mir selbst spüren, bevor ich es ausarbeite und schließlich an anderen Körpern anwende. Mit der Technik, die ich aktuell benutze, folge ich seit 2016 dem japanischen Shibari-Künstler Akira Naka, der einen strengen, sehr komplexen, klassischen Stil hat. Früher habe ich eine Zeitlang die Präzision vermieden, habe anarchisches Bondage betrieben, in dem man keine Regeln verfolgt, aber heute finde ich es interessanter, mich in klassische, sich wiederholende Formen einzuarbeiten und diese zu vertiefen.

Shibari ist ein Prozess. Manches ist symbolisch, manches sehr konkret. Die Vorbereitung der Seile ist aufwendig, sie müssen sorgfältig ausgesucht, zugeschnitten und bereitgelegt werden. Ich reibe die Seile mit Jojobaöl und Bienenwachs ein, damit sie eine schöne Farbe bekommen und angenehm auf der Haut sind. Zu Beginn einer jeden Fesselung stelle ich mir die Frage, wie ich den Körper oder einzelne Körperteile schön herausarbeiten kann, welche Seilfarbe gut, welche Seiltextur schön wäre und ob ich groben Sisal oder eher feine Jute benutze. In dieser Vorbereitung ähnelt es vielleicht ein wenig der Bildhauerei. Es macht einen Unterschied, einen eher femininen oder eher maskulinen Körper zu fesseln. Auch verändert sich die Situation, je nachdem, ob man sich (gut) kennt oder zum ersten Mal begegnet. Eine Fesselung kann in ihrem Verlauf eine Wendung bekommen, eine andere Richtung einnehmen. Die Kommunikation während der Fesselung ist individuell; ich spreche häufig mit meinen Partner*innen, aber es findet natürlich auch viel nonverbale Kommunikation statt.

Das Bondage hat viele Aspekte. Es kann therapeutisch eingesetzt werden und hat durchaus Care-Impulse. Es kann akrobatische Züge annehmen, einen installativen Charakter haben oder zu einer politischen Performance werden. Als eine ‘Kinky Praxis’ verstärkt es psycho-somatische, intime Momente. Und Bondage ist Entspannung – zumindest wenn man sich nicht nur mit der Frage des Rauskommens beschäftigt.

Dasniya Sommer über die Kunst des Shibari, aufgezeichnet von Dorothea Neweling.