Research: Para Ju Jitsu WM in Crete

 

Heraklion

An inspiration journey with Fungi Fung. A while ago Fungi said she is eligible for the BJJ (Brasilien Ju Jitsu) Para World Championship in Crete this year. Do it! I said, but the registration turned out too pricey. Take these dollars from the Tanzpraxis scholarship, we continue our choreographic research SPK (der Sommer-Phuong-Komplex, see below), and you bring gold home! ^^
Happy experiencing a new world of performing sports! An extremely beautiful competition hall with more than fifty nations competing. There were six fighting areas, many female referees and most interesting set up that during fights, coaches are allowed to sit behind a counter feedbacking and screaming advices, as from the outside they often have a better view on how to undo the complex Ju Jitsu drills. If you want, these locks look like a forceful killing embracement.
All para fights took place on the last day. Fungis opponent was a male fighter on the autism spectrum. It was important to know, as the para categories are put together by the official board and coaches, so that restrictions are relatively equal, and both fighters have a realistic chance to win. There was valuable briefing from Yakup Mutlu, a fighter himself, and Fungis dear friend and adviser to prepare her strategy. She hardly warmed up I wondered. It was all about mind setting, and became a beautiful fight. Two rounds. They both were so utterly present, like big cats spiraling. At the start one of the Brasi fans loudly macho laughed, seemingly shouting ‘you get her down in a second’, but Fungi submitted his companion in two rounds of three. The whole Brasilian team, and biggest BJJ para-organizer worldwide, were deeply fascinated by her dance-like style. Later in the day I documented the award ceremony, a.o. the Brasilien First Lady handing over gold medals, and one for Fungi! ^^
All in all I took more than 2000 photos, some videos and soul supported when possible. It definitely was a sweat producing challange, in such a testo-loaded sport event. We both admired the Mongolian and Kasachstan athletes like teenies.
The more I enjoyed running around as accredited  photographer, being allowed to the edge of the tatamis, and highly aware of fighters crossing the outlines to quickly jump away.
The camera was my magnifying glas. Observing the rough take downs closely, feeling into, anticipating attacks and dramatic facial expressions after submission. Especially I liked the protocol before and after the fight. Bowing and respectfully shaking hands, that’s what I learned to little in ballet training – the sporty team spirit!  One of the club board leaders told me, to shoot the as much as possible emotional snap shots for the German team, they appreciate it a lot.
For the choreographic research I am still pondering how to structurally access this form further. There is a lot of floor work, and so called ‚Duo’s’. Set sequences judged by realistic self-defense elements. One scenario for example was a person in a wheel chair taking down someone standing.
Anyway I am looking forward to take a few classes, and wonder if there is a queer, BiPoc fightclub in Berlin, to hopefully duet further with what Fungi and I started at Ada-Studio this year.

With many thanks to Senatskanzlei für Kultur und Medien Berlin / Tanzpraxis for the support of my choreographing research, and to the DJJB (Deutscher Ji Jutsu Bund).

War Games – Münchener Kammerspiele

 

Sehr speziell 16 junge Performer*innen für ‚War Games‘ von Skart zu choreografieren. Wir haben viel diskutiert wie Jugendliche mit Seilen arbeiten können. Wo Sinnlichkeit anfängt, was das Handwerkliche an Seilen für junge Menschen wertvoll macht oder wie kollektives Knoten einen klaren Gruppenfokus schaffen kann. Schön zu sehen, wie behutsam und caring die Teen-Performer*innen miteinander umgehen. Der Vibe, der untereinander entsteht, wenn zB. 10 von ihnen einen verbinden, durch den Raum tragen oder auch welche Gebilde sie aus den Materialien basteln. More to come!

Ein Projekt von SKART & Friends mit Kindern im Alter von 12 bis 14

Theater der neuen Generation Das ist kein Kindertheater und auch keine Erwachsenenunterhaltung, sondern eine Performance für alle. Das Kollektiv SKART und die Kinder reden über „Erwachsenen-Themen“. Dabei sind sie radikal gleichberechtigt.
Sie beschäftigen sich mit aktuellen gesellschaftlichen Diskursen und machen auch vor dem Thema Gewalt nicht Halt. Was ist Gewalt? Was macht sie mit den Menschen? Und was haben die Kinder aus München dazu zu fragen und zu sagen?
Ein gleichermaßen künstlerisches, pädagogisches und soziales Vorhaben und auch ein Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte über den Umgang von Erwachsenen mit Kindern.

SKART ist im Bereich Kinder- und Jugendarbeit eine der innovativsten Gruppen der deutschen Theaterlandschaft. Ihre Theater-Performances sind inspiriert durch Bildende Kunst, Body-, Sound- und Video-Art und Zeitgenössischen Tanz. SKART

Stücke sind augenzwinkernd humorvoll und spielen empowernd mit Tabuthemen, die Erwachsene Kindern gerne mal vorenthalten.

SKART & Friends Mark Schröppel (Performer & Theatermacher), Stephan Janitzky (Künstler), Charlotte Heidenreich (Performerin), Dasniya Sommer (Tänzerin & Choreografin), Janne Plutat (Kostümbildnerin), Anton Kaun (Video- & Noisekünstler), Lea Letzel (Künstlerin & Pyrotechnikerin), Deniz Khan (Musiker)

Premiere : 26. Juni 2025
Therese-Giehse-Halle / Kammerspiele

Residenz: SPK – der Sommer Phuong Komplex

 


Trailer by Tanzforum Berlin / Bickman & Kolde GbR.

Text zu neworks – Aesthetics of Access #: „SPK – der Sommer Phuong Komplex“
(15./16. März 2024) von Gast-Studioschreiberin Camilla Pölzer

Eintauchen in die Welt von Fungi Fung 

„SPK – der Sommer Phuong Komplex“ ist das erste Stück der neuen Reihe „neworks – Aesthetics of Access“ im ada Studio, kuratiert von Liisi Hint und Maria Ladopoulos. In der Performance beschäftigen sich Dasniya Sommer und Fungi Fung mit der gelebten Realität von Bipolarität und benutzen als Access Tool Leichte Sprache.

Am Einlass wird mir und den anderen Zuschauer*innen ein heißer Stein angeboten. Ich nehme ihn gerne an. Auf der leeren Bühne sitzen zwei Performerinnen. Sie sind mit vielen dünnen Seilen zusammengeknotet. Die Köpfe sind eingesperrt mit einer aus Duplosteinen (große Legosteine) gebauten Festung. Langsam beginnen die Körper sich zu bewegen; die Finger lösen die vielen Knoten. Die Seile waren sehr eng um die Körper geschnürt; als sie gelöst sind, ist ein Atem zu hören: Wie gut, denke ich.
Die beiden gesichtslosen und befreiten Körper beginnen den Raum zu erkunden.
Fungi, eine der Performerinnen, umarmt Dasniya von hinten. Es ist ein gewaltvolles Umarmen. Dabei zerbrechen die Festungen, man sieht die Gesichter, die Duplosteine verteilen sich im Bühnenraum und sind nur noch Spielsteine. Der umarmende Körper lässt los, kommt erneut und die letzten „Festungsmauern“ zerbrechen. Die dritte Umarmung ist sanfter.
Es folgen Kampfsportübungen. Die beiden Performerinnen kämpfen miteinander und gegeneinander. Die Arme greifen ineinander, halten sich und lassen sich wieder gehen. Es ist eine hohe Anspannung in den Körpern. Die Qualität der Bewegungen und des Miteinanders wechselt schnell von Vertrauen zum Kampf. Immer wieder hört man die Duplosteine über den Boden gleiten, wenn die Körper diese durch den Raum schieben. Fungi stoppt und beginnt ein Gedicht aufzusagen. „Auf niederländisch?“ frage ich mich. Sie bricht ab, zieht einen Zettel aus Dasniyas Hosentasche und liest den Text vor. Es ist ein selbstgeschriebenes Gedicht, dass mich sehr berührt und ich habe den Eindruck, sie ebenfalls. Es geht um betäubte Gedanken durch Medikamente, um Kindheit, Jugend und Steine und ich habe direkt die Referenz zu dem warmen Stein in meiner Hand.
Ich fühle mich geehrt, es hören zu dürfen und einen Einblick in ihre Gedanken und Gefühlswelt zu bekommen.
Es folgt eine Szene, in der Dasniya von Fungi wie eine Balletttänzerin hochgehoben wird und auch wenn ihr das sichtlich nicht guttut, lächelt sie bei jedem Sprung. Mein Gefühl sagt mir, dass sie über ihre (körperlichen) Grenzen geht. Es wirkt absurd und ich und einige andere Zuschauer*innen müssen schmunzeln.
Die Bühne wird dunkel und über die Lautsprecher ertönt ein aufgenommenes Interview zwischen Dasniya und Fungi. Fungi spricht über die depressiven und manischen Phasen ihrer Bipolarität. Ich fühle mich durch die Art, wie sie über die Krankheit spricht, sehr mit ihr verbunden.
Das Gesprochene wird in leichte Sprache übersetzt und auf die Wand projiziert. Die Sätze in leichter Sprache haben einen anderen Rhythmus als die gesprochenen Worte. Für mich spannend, dass das gesprochene Wort viel schneller läuft als die leichter Sprache. Ich kann das Gehörte zeitversetzt nochmal lesen und tiefer einsteigen.
Währenddessen bindet sich Fungi einen runden Sitzsack auf den Rücken wie einen Schildkrötenpanzer. Sofort verknüpft mein Gehirn das Bild mit Depressionen. Betroffene Menschen beschreiben die Depression oft als einen schweren Sack, der auf den Körper drückt und einen nicht aufstehen lässt. Ich habe jedoch das Gefühl, dass Fungi einen Weg gefunden hat, mit dem Panzer zu leben – Sie tanzt mit ihm auf dem Rücken. Das letzte Bild: Fungi und Dasniya knoten sich wieder zusammen, verbinden sich.

Für mich erzählte die Performance das innerliche und äußerliche Ringen mit der Bipolarität von Fungi und ihren Umgang damit. Mein Eindruck war, dass sie in dem Stück selbst entschieden hat, wie viel sie mit uns teilen möchte.

Research: SPK – der Sommer Phuong Komplex

Reasearching four weeks with Fungi Fung at Ada-Studio . Many thanks to:
Gabi Beier, Maria Ladopoulos and Liisi Hint!
And to our team:
‘Leichte Sprache’ translation and dramaturgical support: Manuel Gerst.
Outside eye: Clara Eckhardt and Akiles.
Critical companion: Melmun Bajarchuu.
There is an online stream of the performance on the Ada-site until Thursday March 21st.
And a text written by studio writer Maia Joseph.

Ada Residenz: SPK – Der Sommer Phuong Komplex

neworks – Aesthetics of Access #1

„SPK – der Sommer Phuong Komplex“ von und mit Dasniya Sommer und Fungi Fung

Fr & Sa, 15. & 16. März 2024, 19 Uhr

Die Choreografin und Tänzerin Dasniya Sommer und die Kampfsportlerin und Lyrikerin Fungi Fung haben die Residenz im ada Studio genutzt, um ihre physischen bzw. psychischen Krankheitserfahrungen performativ zu interpretieren. Von Sommers Sportverletzungen und Fungs klinischer Bipolarität ausgehend untersuchen sie die Beziehung von „krankem“ Individuum und Gesellschaft, Tanz und Mixed Martial Arts (MMA), sowie Bühnengeschehen und Publikum. Kampfsport dient ihnen dabei als tänzerische Metapher für den sozialen Umgang mit Krankheit und Gewalt. Basierend auf einer historischen Recherche zu alternativen Psychotherapiebewegungen nutzen sie u.a. Material des 1970 in Heidelberg gegründeten Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK). Dessen Entwicklung von der emanzipatorischen Selbsthilfegruppe hin zur bewaffneten Terrorzelle begreifen sie als radikale Inspiration für eine originäre Tanzpraxis. Der SPK-Slogan: „Aus der Krankheit eine Waffe machen.“ soll so tänzerisch übernommen werden. Auf der Suche nach Antworten auf die Frage, wie choreografierte Szenen über Krankheit, Schmerz, Gewalt in eine möglichst universell lesbare, nicht verletzende Rezeption münden können, waren Formate ästhetischer Zugänglichkeit für Menschen mit und ohne geistige Behinderung von Anfang an Teil der Materialentwicklung.

Konzept, Choreografie & Tanz: Dasniya Sommer | Co-Choreografie, Text & Performance: Fungi Fung | Unterstützung Leichte Sprache: Manuel Gerst | Outside Eye: Clara Eckhardt, Akiles | Dramaturgische Unterstützung: Liisi Hint, Maria Ladopoulos | Critical Companion: Melmun Bajarchuu

„neworks – Aesthetics of Access“ ist eine Performance-Reihe, die sich auf Arbeiten konzentriert, in denen Barrierefreiheit für behinderte, Taube und/oder chronisch kranke Zuschauer*innen ein integraler Bestandteil des künstlerischen Konzepts ist. Nach der Definition von Diversity Arts Culture ist „der Begriff ‘Aesthetics of Access‘ Englisch und bedeutet Ästhetiken der Barrierefreiheit. Er bezeichnet eine Praxis in den Darstellenden Künsten: Barrierefreiheit wird in der Kunstproduktion von Anfang an und mit einem künstlerischen Anspruch eingebaut und nicht nachträglich hinzugefügt“. neworks 2024 – kuratiert von Liisi Hint und Maria Ladopoulos – zeigt im Laufe des Jahres insgesamt drei Arbeiten von Berliner Künstler*innen, die ihre ganz persönliche Perspektive gefunden haben, ihre künstlerischen Prozesse durch Mittel der Barrierefreiheit inspirieren und beeinflussen zu lassen.

Informationen zur Barrierefreiheit und Content Note:
Dauer der Performance: 40 Minuten ohne Pause
Es steht eine begrenzte Anzahl an Sitzsäcken zur Verfügung. Diese sollten bei Bedarf zusammen mit dem Ticket reserviert werden.
Texte und Gedichte in deutscher Sprache sind Teil der Performance.
Auf der Bühne kommen Fesseltechniken zum Einsatz.
Es gibt Erwähnungen von suizidalen Gedanken und eine Erzählung von Erfahrungen mit häuslicher Gewalt.
Das ada Studio ist barrierefrei für Rollstuhlfahrer*innen.
Aufgrund der geringen Größe des ada Studios ist es schwierig, umfassend für eine relaxed performance Sorge zu tragen.
Der Einlass erfolgt unmittelbar vor Beginn der Vorstellung. Für ein Early Boarding sprechen Sie bitte den Abenddienst an.
Bitte schreiben Sie uns eine Nachricht oder rufen Sie uns an, wenn Sie weiteren Assistenzbedarf haben. Wir versuchen, gemeinsam mit Ihnen Lösungen zu finden.

PS: Alle live stattfinden Veranstaltungen im ada Studio werden ab dem 2. Tag nach der letzten live-Vorstellung vier Tage lang auf www.ada-studio.de gestreamt.
PPS: Der virtuelle Besuch unserer Veranstaltungen ist kostenlos. Wir würden uns jedoch freuen, wenn Sie unsere Arbeit unterstützen und ein .com(munity) Ticket erwerben. Alle Informationen dazu finden Sie hier.

Veranstaltungsort:
ada Studio & Bühne
in den Uferstudios / Studio 7
Uferstraße 23 & Badstraße 41A
13357 Berlin-Wedding
U8 Pankstraße, U9 Nauener Platz, S Gesundbrunnen
www.ada-studio.de

Photos © Pippa Samaya

Haus Sommer – Yum Yum

Premiere: May 12, 2023 at Ballhaus Ost .
In the picture: Michael Schumacher/Meine Damen und Herren Ensemble, Tara Jade Samaya, Yui Kawaguchi, Fungi Fung, Dasniya Sommer.
Documentation by Pippa Samaya.

 

Yum Yum – Tanzschreiber

 

ENGLISH VERSION

Das nahrhafte Paradigma der Instant-Nudelsuppe

Das Ensemble-Stück „Yum Yum“ von Haus Sommer unter der Leitung der Choreografin und Tänzerin Dasniya Sommer, das vom 12.-14. Mai 2023 im Ballhaus Ost zu sehen ist, verwirrt vermeintlich Nicht-Zusammengehöriges und entwirrt dabei die Möglichkeiten von Künstlichkeit.

Es beginnt mit einer unerwarteten Erkenntnis: Ich habe noch nie YumYum-Nudeln gegessen. Während ich mich in die Einlassschlange zur Premiere des nach dem populären Instant-Gericht betitelten Stückes anstelle, denke ich ergebnislos über die Unkenntnis des Naheliegenden nach. Es wird nicht das letzte Mal an diesem Abend sein, dass mir etwas unbegreiflich bleibt. Drinnen wartet vor der Tribüne ein großer gemütlicher Teppich auf das Publikum, der in eine wunderliche Bühneninstallation buchstäblich ausfranst: Von der Decke hängen auf unterschiedlicher Höhe mehrere halbvoll mit Wasser gefüllte transparente Plastikbeutel, an den weißen Vorhängewänden lehnen einige lange Holzstäbe, im hinteren Teil der Bühne hängt ein riesiges Seilknäuel, das in Gedenken an die Überschrift der Aufführung sofort an Nudeln erinnert, und vorn am Bühnenrand steht, ebenfalls auf einem Haufen Seilbündel, ein großer Wok (Bühnenbild: Dasniya Sommer). In einer von meinem Platz aus kaum einsehbaren Nische am Bühnenrand wird eine der Performer*innen von drei anderen beiläufig verschnürt und auf eine suspension vorbereitet, während ein anderer Performer bedächtig zwischen den Wasserbeuteln umherläuft und dabei Worte vor sich hin spricht, die wahrscheinlich eine Zutatenliste ergeben. Jedes Mal, wenn sich mir etwas zu erhellen scheint, wird gleichzeitig etwas anderes undurchsichtig.

Im fünfköpfigen intersektionalen Ensemble von „Yum Yum“, das neben Sommer aus Michael Schumacher, Yui Kawaguchi, Tara Jade Samaya und Fungi Fung besteht, treffen unterschiedliche künstlerische Praktiken aufeinander: Schauspiel, Ballett, Mixed Martial Arts, zeitgenössischer Tanz und die japanische Fesselkunst Shibari. Damit ist bereits das Fundament gelegt für eine Ästhetik des Eklektischen, die immer wieder gängige Gegensätze in Frage stellt und dabei unerwartete Verknüpfungen generiert. In einer gleichsam poetisch wie brutal wirkenden Szene tanzen Sommer, Kawaguchi und Samaya eine Folge von Ballett-Schritten — haben dabei aber ihre Knie, ihre Arme vor der Brust oder ihre Hände hinter dem Rücken verbunden. Das kann als Kritik an der Disziplinierung des Körpers im Ballett gelesen werden, aber auch als Sinnlichkeit der Restriktion. In einem anderen Moment treten Sommer und Kawaguchi, deren Körper ich beide als asiatisch lese, als Nintendo-Marios mit Einkaufstüten-Tütü auf, die zu Game Boy-Musik eher bemüht als leichtfüßig eine Ballett-Choreografie tanzen (Sound Design, Composition: Nguyễn + Transitory). Damit unterlaufen sie einerseits Perfektionserwartungen, die sowohl ans Ballett als auch an asiatische Körper gestellt werden, und stellen gleichzeitig auf absurde Weise den dem Ballett zugrunde liegenden enorm artifiziellen Stil heraus, den es normalerweise unter dem hart erarbeiteten Schein von müheloser Natürlichkeit zu verstecken versucht. Während sich Schumacher daran macht, im Wok eine echte Nudelsuppe zuzubereiten, freue ich mich über das unverschämte Angebot, über Ballett als YumYum-Suppe nachzudenken.

Unter dem Flickenteppich der überall verteilten YumYum-Werbeplakate und der unterschiedlichen Szenen der Aufführung blitzt immer wieder das Thema antiasiatischer Rassismus auf. Sehr unumwunden drückt es sich in einem vielstimmigen Chor verschiedener marginalisierter Lebensrealitäten aus. Während die Aufnahme läuft und die Performer*innen die Bühne verlassen, verbinden sich Geschichten über Kochen und Essen mit denen über Arbeit und Migration. Doch auch der Auseinandersetzung mit den ästhetischen und vielleicht auch politischen Möglichkeiten von Künstlichkeit, die sich wie ein roter Faden durch „Yum Yum“ zieht, ist das Thema inhärent. Die Literaturwissenschaftlerin Anne Anlin Cheng, die zur langen Geschichte der Ästhetisierung des weiblichen asiatischen Körpers forscht, beschreibt das Potential von Künstlichkeit beispielsweise in fashion als „temporary relief from the burdens of having bodies and their inevitable weighty visibility“ insbesondere für rassifizierte Personen. Künstlichkeit kann ein Ort des Schutzes genauso wie der Gewalt sein, das führt auch das Stück immer wieder vor. Zum Schluss werden all die unzähligen Utensilien auf der Bühne zu einem riesigen Sack zusammengeschnürt, und die Performer*innen verschwinden unter voluminösen Perücken und langen Umhängen. Zu gespenstischer Musik im Dämmerlicht bleibt die Zeit stehen, und es verdampfen alle Differenzen zu einer für mich undefinierbaren Suppe voller überraschender ästhetischer Geschmacksrichtungen. Und so verdichtet sich all das Ungreifbare am Ende doch noch zu einer demütigen Erkenntnis für mich: meiner Unvertrautheit mit den mich umgebenden Alltagsrealitäten der asiatischen Diaspora. Dagegen helfen sicher auch keine Instant-Nudeln, wohl aber zeitintensive Performance-Zubereitungen wie dieser Abend.

„Yum Yum“ von Haus Sommer (Tanz/Choreografie/Bühnenbild: Dasniya Sommer; Tanz/Co-Choreografie/Performance: Michael Schumacher, Yui Kawaguchi, Tara Jade Samaya, Fungi Fung), Premiere: 12.05.2023, ist noch bis zum 14.05.2023 im Ballhaus Ost zu sehen, Tickets unter ballhausost.de.

Haus Sommer – Yum Yum

Premiere
12.5.2023

Nächste Termine:
12.5.2023, 20:00
13.5.2023, 20:00
14.5.2023, 18:00

BALLHAUS OST
Pappel Allee 15
10437 Berlin /Prenzlauerberg
U2 Eberswalderstrasse

Strudel aus Verpackungsmüll zirkulieren im Ozean. Feminine Haie leuchten. Flinke Hände falten Oversize Origami. Seile werden zu Nudeln, zu Gedärmen, zu Geisternetzen. Care-Pas de Deux’ und Slow-food Porn treffen am Wok-Lagerfeuer einer thailändischen Megacity aufeinander. In der Tanzperformance entlädt sich der visuelle Kosmos einer glutamatgeschwängerten Fast Food Welt und aus eurozentristischer Sicht schwer verdauliche Lebensrealitäten führen rituell in absurde Gewässer.

Dasniya Sommer sucht mit Michael Schumacher vom inklusiven Ensemble Meine Damen und Herren, der MMA-Performerin Fungi Fung, der queer-ecologischen Tänzerin Tara Jade Samaya und Yui Kawaguchi Zusammenhänge zwischen Verdauung, Künstlichkeit und Kulturen. Mit Reflexionen über ‘Bodies of Water’ und Hydrofeminismus entsteht eine assoziative Bilderreise für eine kritische Auseinandersetzung mit Antiasiatischem Rassismus (und Exotismus).

Haus Sommer ist das Netzwerk-Label der Tänzerin und Choreographin Dasniya Sommer. In wechselnden Kollaborationen mit anderen Künstler:innen untersucht und erweitert sie die Formensprache klassischen Balletts unter dem Einfluss von Shibari, Body Art und zeitgenössischer Performance Kunst.

Tanz, Choreographie, Stage
Dasniya Sommer
Tanz, Co-Choreographie, Performance
Michael Schumacher, Yui Kawaguchi, Tara Jade Samaya, Fungi Fung
Künstlerische Mitarbeit
Simone Burckhardt
Dramaturgie
Barbara Schmidt Rohr, Marie Baumgarten
Sound Design, Composition
Nguyễn + Transitory
Bühnenbild Assistenz
Mark Schröppel
Critical Companion
Juli Reinartz, Melmun Bajarchuu
Soundassistenz
Dennis Kahn
Technische Leitung
Fabian Eichner
Video, Dokumentation
Pippa Samaya
Produktion
Anna Konrad
Foto by Mayra Wallraff / Design Kruse&Müller

Herzlichen Dank an
Christoph Grothaus – Meine Damen und Herren Ensemble und Sina Schröppel.

Eine Produktion von Haus Sommer in Kooperation mit dem Ballhaus Ost und mit Unterstützung des Meine Damen und Herren Ensembles. Gefördert durch die Prozessförderung des Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.

Open Studios

HAUS SOMMER is open at:

How to Stay Tuned – Open Studios
1. Juli 2023, 15 – 21 Uhr

Eine Kooperation des Neuen Berliner Kunstvereins (n.b.k.) mit dem Uferhallen e. V. im
Rahmen des Kultursommerfestivals 2023

Mit / With:
Elena Alonso Fernández, Quirin Bäumler, Atelier Biotti / Ferrero / Grassetti / Prati / Szaflarski, Studio Antje Blumenstein, Peter Böhnisch, Peter Dobroschke, Heiner Franzen, Wolfgang Ganter, Matthias Galvez, Harriet Groß, Asta Gröting, Christian Henkel, kennedy+swan, Rainer Neumeier, Manfred Peckl, Hansjörg Schneider, Bettina Scholz, Atelier Kerim Seiler, HAUS SOMMER / Dasniya Sommer, Studio dB X Weberei (Rasmus Bell, Charlie Casanova, Timur Novikov, Josua Rappl, Caleb Salgado, Noël Saavedra, Johannes Weymann, Sebastian Zimmerhackl), Friedemann von Stockhausen, Daniel M Thurau, Ria Wank, Norbert Witzgall, Susanne Zeile.

Programm:

16:30 Uhr
Führung mit Adrienne Goehler, Kuratorin der Ausstellung “Zur Nachahmung empfohlen!”
(Uferhallen)

18 Uhr
Performance ODC un-ready made #1: shifting and drifting von David Brandstätter mit Michiyasu Furutani, Sofia Casprini, Camille Chapon, Sophie Prins, Nora Varga u.a. (Uferhallen)

20:30 Uhr
This Space In Between Performance von Kallia Kefala mit Minh Duc Pham und Katerina Papachristou
(Uferstudios)
21:30-23 Uhr:
How to stay Tuned – Open-Air-Screening
mit Werken von Pauline Boudry / Renate Lorenz, K.H. Hödicke, Anetta Mona Chisa & Lucia Tkácová, Rosalia Müller / Michael Geißler, Kristina Paustian, Rotraut Pape und der Weltpremiere einer neuen Arbeit von YOUNG-HAE CHANG HEAVY INDUSTRIES aus der n.b.k. Videokunstsammlung mit einer Einführung von Anna Lena Seiser (Leiterin n.b.k. Video-Forum)