Atemkontrolle? Hustenanfall? Pheromoncheck?
Ursprünge, Elemente und Charakter des Stückes
Das Stück Atemkontrolle? Hustenanfall? Pheromoncheck? ist eine Genre übergreifende Komposition, die sich aus Elementen des sadomasochistischen Rollenspiels, der japanischen Fesseltechnik Shibari und aus räumlichen und zeitlichen Anordnungen zusammensetzt. Es ist ein Stück für zwei Tänzerinnen und einen Tänzer, die ihre Lust und ihre Unlust erforschen sich frei und gefesselt zu präsentieren.
In den folgenden Abschnitten beschreibe ich die einzelnen Arbeitsebenen und Quellen, die mich inspiriert haben, und aus denen wir die Struktur des Stückes entwickelten haben.
Nawa Shibari – Ein Seil Binden
Nawa Shibari bedeutet Winden, Knoten oder Verknüpfen und bezeichnet ein komplexes System japanischer Fesselungsformen. Im 16. Jahrhundert wurde es als Seilkampftechnik von den kaiserlichen Militärs, den Samurais entwickelt. Ursprünglich diente es der Immobilisierung, der Folter oder auch der Hinrichtung eines Feindes. Diese Fesselungstechniken, heute im Allgemeinen auch als ‘Bondage’ bekannt, fanden seit den fünfziger Jahre vermehrt Eingang in die Spielpraktiken sadomasochistischer Subkulturen.
In diesem Kontext spielen Sinnlichkeit und Ästhetik der verwendeten Materialien, wie Seile und Kimonostoffe, eine wichtige Rolle. Gleichzeitig geht es um die Erfahrung eines inszenierten Machtverhältnisses zwischen dem Fesselnden und der zu fesselnden Person.
Ich beschäftige mich seit zwei Jahren mit der Nawa Shibari Technik und benutze sie für das Stück Atemkontrolle? Hustenanfall? Pheromoncheck? als Ausgangspunkt für die Materialsuche. Auf der fesselnden Seite begreife ich die Technik als ein handwerkliches Element am lebenden Individuum.
Ich schränke die physische Autonomie eines Menschen ein; in dieser Situation ist er auf meine Seilfertigkeiten und meine empathischen Fähigkeiten angewiesen. Es entstehen Situationen die von Macht und Kontrolle geprägt sind. Fürsorgliche und liebevolle Empfindungen wechseln mit sadistischen Impulsen und Boshaftigkeit. Diese Empfindungen gehören für mich zum ganzheitlichen Gefühlspektrum eines Menschens. Es gilt sie nicht abzuwehren; vielmehr sollen sie sichtbar in die Komposition eingebaut werden. Die devote Person gibt einen Teil ihrer Eigenverantwortlichkeit ab, kommuniziert aber ihre Befindlichkeit mittels Körpersprache und vereinbarten Kodes.